Ende Februar wurde – mal wieder – eine neue Internet-Studie vorgelegt, die allerdings weniger bekannt und an dieser Stelle eine Erwähnung wert sein dürfte. Nicht nur, weil das Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI), dessen Schirmherr übrigens unser neuer Bundespräsident ist, Auftraggeber dieser Studie war. Sondern vielmehr, weil die “Milieu-Studie zu Vertrauen und Sicherheit im Internet” vom SINUS-Institut durchgeführt wurde, das für Verhalten und Einstellungen der Online-Nutzer sieben SINUS-typische Internet-Milieus identifiziert hat.

Ohne an dieser Stelle auf Details der Studie eingehen zu wollen, scheinen doch einige Aspekte und Ergebnisse bemerkenswert, weil sie das Medienverhalten in den Kontext sozialer Lebenszusammenhänge stellen.

  • Zwei der sieben Internet-Milieus (“Internetferne Verunsicherte” und “ordnungsfordernde Internet-Laien”) stellen die Gruppe der so genannten “Digital Outsiders” dar, geprägt von Distanz, fehlender Praxis, Argwohn und Kontrollbedürfnissen. Diesen “Outsidern” werden immerhin 39 Prozent bzw. 27,3 Millionen der über 14-jährigen Bevölkerung in Deutschland zugerechnet, also weit mehr als nur die eigentlichen “Offliner”.
  • Doch auch in der Gruppe der “Digital Immigrants” (die Milieus der “postmateriellen Skeptiker” und “verantwortungsbedachten Etablierten”), mit einem Bevölkerungsanteil von 20 Prozent, gibt es trotz selektiver und gezielter Internet-Nutzung generelle Skepsis, viele Sicherheitsbedenken und Vorbehalte. Dies gilt vor allem für die “postmateriellen Skeptiker”.
  • Mit 41 Prozent bzw. 29 Millionen besitzt die Gruppe der “Digital Natives” inzwischen den größten Umfang. Aber auch hier zeigen sich große Differenzen in den Einstellungen, im Nutzungsverhalten und in den Medienkompetenzen zwischen den diese Gruppe bildenden Milieus “unbekümmerte Hedonisten”, “Effizienzorientiere Performer” und “Digital Souveräne”.

Im Unterschied zu vielen anderen Online-Studien, die lediglich angebotsspezifische Präferenzen und Größenordnungen der Internet-Nutzung hervorheben, werden in der DIVSI-Milieu-Studie differenziert Zusammenhänge zwischen sozio-kultureller Lebenspraxis und Medienrezeption verdeutlicht. Diese sind nicht zuletzt relevant für eine qualitative Betrachtung der Online-Kommunikation, denn (darauf hat ja auch Christoph Neuberger in seiner aktuellen Publikation zur “Definition und Messung publizistischer Qualität im Internet” hingewiesen): Die Qualität von Medien- und vor allem Internet-Angeboten realisiert sich erst in der Nutzung, in der Interaktion von Medium und Rezipient. Wenn wir also über die Qualität von Online-Angeboten sprechen und diese beurteilen, müssen wir – sofern möglich – auch immer die Frage ihrer sozio-kulturellen Nutzungskontexte betrachten. Die “DIVSI-Milieu-Studie zu Vertrauen und Sicherheit im Internet” bietet uns hierfür einige interessante Anregungen.


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