Live getickert: Echtzeit-Journalismus mit Humor

Veröffentlicht von Katja Feuerstein am

Screenshot 11FREUNDE Liveticker
Screenshot 11FREUNDE Liveticker
Screenshot 11FREUNDE Liveticker

Sportjournalismus ohne live-Berichterstattung heute fast undenkbar. Liveticker gibt es mittlerweile zu allen wichtigen sportlichen und gesellschaftlichen Ereignissen. Aus dieser Masse heraus sticht der “11FREUNDE Liveticker”. Hier wird nicht nur berichtet, was auf dem Spielfeld passiert, sondern mit humoristischer Note und einem vielfältigen – nicht immer zwingend sportlichen – Themenrepertoire ein unterhaltsamer Mehrwert geliefert. Initiator und Leiter Dirk Gieselmann erzählt, wie aus dem anfänglichen Spaß eine Nominierung in der Kategorie Kultur und Unterhaltung wurde.

Was war der Anlass für die Konzeption Ihres Angebots?

Die Initialzündung lieferte uns die Heim-Weltmeisterschaft 2006. Mit ebay hatten wir einen Text-Dienstleistungsdeal geschlossen, wonach wir das Eröffnungsspiel der WM, Costa Rica gegen Deutschland, im Laufbanner der Ebay-Startseite livetickern sollten. Zugegeben das Ganze lief zunächst verhalten an, die Zugriffszahlen waren noch sehr gering. Wir hatten gerade einmal 70 Leser. Laut Vereinbarung mussten wir aber noch den Rest des Turniers durchtickern. Beim zweiten Spiel, Deutschland gegen Ecuador, legten wir dann den Schalter um. Wir wollten etwas verändern, uns einen Spaß draus machen, indem wir lustiger, unterhaltsamer und selbstreferentieller schreiben. Die Leser sollten erfahren, wie die Spielsituation auf uns persönlich wirkt und was wir während des Spiels nebenbei alles so machen. Zwei Jahre später bei der Europa-Meisterschaft in Österreich und der Schweiz suchten wir wieder nach einer alternativen Lösung, um uns gegen andere Liveticker-Angebote zu behaupten und beschlossen, diesen feuilletonistischen und selbstreferentiellen Ansatz weiter auszubauen. Unser neuer Ticker lief dann erstmals auf 11FREUNDE und das Format, das mich und einen Kumpel beim Gespräch über das Fußballspiel vor dem Fernseher abbildet und dieses für andere nachlesbar macht, kam prompt gut an. Daraufhin trafen wir den Entschluss, regelmäßig bei anderen großen Spielen ein bis drei Mal pro Woche live zu berichten, ganz ohne Schreibhemmung und mit viel Humor. Mit der Zeit stießen drei Kollegen, ehemalige Praktikanten, sowie freie Journalisten mit ähnlichem Humor dazu. Wir haben ein schönes kollegiales Verhältnis, gehören aber alle unterschiedlichen Fangruppen an. Das ist es jedoch gerade, was, so denke ich, dem Ticker die entscheidende Würze verleiht.

Was und welche Zielgruppen wollen Sie erreichen?
Unser Liveticker ist gar nicht so absichtsvoll, wenn man die ungeplante, zufällige Entstehungsgeschichte bedenkt. Meiner Erfahrung nach geht unsere Zielgruppe aber mittlerweile deutlich über die Kernleserschaft von 11FREUNDE hinaus, die sich um Männer Anfang 30, gutverdienend mit akademischem Hintergrund, gruppiert. Denn diese franst nach allen Seiten aus. Der Ticker hat mittlerweile viele ältere Leser, aber auch Schüler dazugewonnen, bildet sozusagen einen Querschnitt durch die Bevölkerung, wie man auch bei unserer facebook-Präsenz sehen kann.

Wie haben Sie reagiert, als Sie von der Nominierung erfuhren?
Das war ein ganz schöner Zufall. Ulrich Dehne, Chefredakteur der 11FREUNDE Online-Redaktion, hat mich angerufen, als ich gerade bei einem Freund in Istanbul war. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon nach einem Vorwand zum Feiern gesucht, der uns mit der Nominierung dann auch geliefert wurde. Bis dahin wussten wir noch nicht einmal definitiv, dass wir vorgeschlagen worden waren. Lediglich ein paar Unkenrufe beziehungsweise verdächtige Posts auf unserer facebook-Seite im April, dass der 11FREUNDE Liveticker einen Grimme Online Award gewinnen solle, weckten in uns gewisse Vorahnungen.

Was bedeutet die Nominierung für die zukünftige Entwicklung Ihres Angebots?
Es ist zu beobachten, dass diese Form von Echtzeit-Journalismus sich Bahn bricht. Beispielsweise werden jetzt schon Parteitage live im Netz getickert. Liveticker sind ein Format der Zukunft oder eigentlich bereits der Gegenwart, weil sie in so vielen Bereichen verwendet werden. Lange Zeit gab es eine Internet-Blaupause, also reine Übertragung der gedruckten Zeitung. Der Ticker ist da anders: direkter, subjektiver, funktioniert einfach gut, ist ein häufiges Mittel der Wahl. Noch ersetzt er natürlich nicht die Live-Reportage, aber er wird sich noch intensivieren. Unser Ziel ist es daher, die Leserbindung zu verstärken. Neben unserem bereits eingerichteten Lesertelefon und Forum wollen wir den Ticker technisch noch unmittelbarer und interaktiver machen, z.B. durch eine Shout Box, in der Fans direkt ihre Fangesänge und Kommentare loswerden können. Auch in technischer Hinsicht wollen wir klar machen, dass wir unsere Leser als gleichberechtigt empfinden.

Hören Sie selbst, warum 11FREUNDE-Redakteur Benjamin Kuhlhoff  in seinem Angebot mehr als die normale Spiel-Berichterstattung sieht.

Weitere Statements der anderen Nominierten finden Sie hier.


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