Same, same but different: VideoDays 2016

Veröffentlicht von Lars Gräßer am

Vieles ist gleich geblieben bei den VideoDays, interessant sind daher die kleinen Unterschiede zum Vorjahr: Erstmals wurde die “Academy” durch das YouTube-Community-Management organisiert, Showtag war am Freitag und Community-Day am Samstag – ein neues Konzept, früher war es umgekehrt. RTL 2 sorgte für Verfügbarkeit im Netz – Stream und On-Demand – und eröffnete zehn Musik-­Talenten im Rahmen des VideoVisionSongContest (#ViViSoCo) die Möglichkeit, ihr Können auf großer Bühne unter Beweis zu stellen, während viele große YouTuber fehlten. Und das Zuschauerinteresse ist nach Jahren des Wachstums zurück gegangen.

YouTube Creator Day / VideoDays Academy

Traditioneller Auftakt für die Kölner VideoDays ist seit Jahren die „Academy“ im Vorfeld, die sich an YouTuber richtet, also kein Publikumsevent darstellt. Wurde sie in den Jahren zuvor von den VideoDays-Machern eher nebenbei organisiert, reiste 2016 das YouTube-Community-Management aus London an, um YouTubern mit über 1000-Abonnenten – beim YouTube Creator Day – und über 100.000 Abonnenten – beim Content-Day – gezielte Qualifizierungsangebote zu machen: YouTube geht hier in die Qualifizierungsoffensive, bietet neben einer Creator-App zur einfachen Kanalkontrolle, nach Abozahlen gestaffelte Support-Angebote für den deutschsprachigen Raum an – bis hin zur Nutzung des vor kurzem eröffneten Creator-Space in Berlin.

Rund 70 YouTuber nahmen das Qualizierungsangebot in Köln an, erfuhren etwas über technische Neuerungen und den YouTube-Algorithmus. Auch das Grimme-Institut war in diesem Jahr – als unabhängige Institution – dabei und versuchte, hier über aktuelle Beispiele zu Fragen medialer Verantwortung zu kommen und diese mit den YouTubern vor Ort zu diskutieren (Beitrag WDR 3).  Konkret ging es um mitgefilmte Streiche auf YouTube; den sog. Pranks. Sie sorgen für enorme Klickzahlen, lösen bei älteren Zielgruppen aber oftmals Irritation aus und haben in Einzelfällen bereits zu Verurteilungen geführt: „Talkin’bout Pranks and Co.!“ so der Session-Titel – mit Lars Gräßer, wiss. Mitarbeiter und Pressesprecher, und Aycha Riffi, Leiterin der Grimme-Akademie. Viele Stühle wurden nicht besetzt (“höre” auch den Beitrag dazu für WDR 3/Kultur am Mittag), dabei sorgten gerade Pranks bei den VideoDays 2016 für einen kleinen Skandal: Der inhaltlich auf Pranks spezialisierte und als Headliner angekündigte ApoRed wurde von den VideoDays-Machern wieder ausgeladen, was sie in ihrem Facebook-Profil erklärten und zur inhaltlichen Positionierung nutzten:

Grüße nach Rio

Neben ApoRed fehlten auch wie eingangs bereits erwähnt reichweitenstarke YouTuber wie LeFloid oder auch Y-Titty – okay, Y-Titty fehlten entschuldigt: Sie haben sich aufgelöst. Nichtsdestotrotz kommt der Eindruck auf, das sich derzeit ein Generationenwechsel abzeichnet: Viele ehemals große Namen suchen neue Herausforderungen, gehen ins Fernsehen oder ins Management. Ob das den Zuschauerrückgang von 15.000 auf 12.000 erklärt? Wie bei den Olympischen Spielen blieben zahlreiche Plätze im weiten Rund der Lanxess-Arena leer: Grüße nach Rio. 3000 Zuschauer weniger sind satte zwanzig Prozent. Immerhin waren ApeCrime, BibisBeautyPalace und DieLochis vor Ort sowie die Newcomerinnen Lisa und Lena, um sich zu präsentieren und ihre Community zu treffen, was diese auch leidlich feierten.

Der VideoVisionSongContest (#ViViSoCo) konnte als neues Showelement dabei nur für wenig Abwechselung sorgen, Lukas Menzel, vom Branchendienst Broadmark, kritisiert:

„Hierbei fehlte jedoch nicht nur jegliche Dramaturgie, sondern auch jeglicher Charakter. Der Moderator zeigt etwa, dass er keinen Webvideo-Background hat und die Teilnehmer konnten zwar gut singen, boten jedoch auch keine interessanten Hintergrundgeschichten oder waren größtenteils schlicht austauschbar. Lediglich die Einbindung der Live-Abstimmung brachte frischen Wind rein.“

Darüber hinaus vergab die Social­-Media­-Plattform musical.ly im Rahmen der VideoDays erstmalig Awards an die besten Muser, so bezeichnet die Musik-App ihre User, während es ebenso PlayAwards und Golden Play Buttons regnete – letztere an YouTuber mit über 1. Mio Abonnenten.

Zum Finale mussten ApeCrime als Top-Act auf die gigantische Bühne, ohne allerdings Y-Titty ersetzen zu können, die im letzten Jahr den Showhöhepunkt markierten und für reichlich Stimmung gesorgt hatten. So fällt das Fazit von Lukas Menzel nüchtern aus: „Trotz Neuerungen nur Standard: So waren die VideoDays Köln 2016“ (ebenda), leere Ränge inklusive. Schlagen hier vielleicht auch die Expansionsbemühungen negativ zurück? 2016 werden die VideoDays so stark wachsen wie noch nie: Neben den VideoDays Berlin/Brandenburg in der Metropolishalle in Potsdam am 2. und 3. Oktober, stehen im Herbst und Winter weitere Community­Treffen in Hamburg und München auf dem Programm.

Oder verwandelt sich am Ende die zunehmende Kommerzialisierung und Formatierung der Inhalte, die mit einer kreativen Erschöpfung einhergeht, in stagnierendes Zuschauerinteresse? Neue Formate sind Mangelware auf YouTube, scheinbar machen alle alles – was Erfolg verspricht – oder es wird auf provokative Inhalte gesetzt – siehe Pranks und anderes mehr. Im Vorfeld der VideoDays wurde das immer wieder aus der Szene der Webvideomacher beklagt. “Die deutsche YouTube-Szene ist sexistischer als jede Mario-Barth-Show” monierte Marie Meimberg, nicht nur Macherin, sondern auch Präsidentin der Academy des Deutschen Webvideopreises.

Dann käme die Qualitätsoffensive der Plattformbetreiber zur richtigen Zeit!


2 Comments

Maxim · 25. Dezember 2016 at 14:52

Ich kenne nur den Grimme Online Award für Webseiten, gibt es eigentlich eine Kategorie auch für Vlogger und Youtuber? Tut mir Leid falls es das schon gibt dann habe ich es einfach nur nicht geunden… Kann mir zudem jemand sagen wie und vor allem wann das genau abläuft mit dem Grimme Award 2017 oder gibt es da noch gar keine Informationen dazu?

    Vera Lisakowski · 25. Dezember 2016 at 19:41

    Hallo Maxim,
    der Grimme Online Award ist für alle Online-Angebote offen, auch Videos, Audios, Twitter-Accounts, Hashtags … Es gibt die inhaltlichen Kategorien Information, Wissen und Bildung, Kultur und Unterhaltung sowie Spezial – darin lässt sich eigentlich alles unterbringen. Der Wettbewerb für den Grimme Online Award 2017 beginnt am 15. Januar 2017. Weitere Informationen gibt es auf unserer Website: http://www.grimme-online-award.de/vorschlagen/

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