Wissensvermittlung in Gebärdensprache

Veröffentlicht von Seminar Grimme Online Award 2017 am

Screenshot der Website "Gebärdengrips"
Screenshot der Website "Gebärdengrips"
Screenshot der Website “Gebärdengrips”

Im Internet gibt es unzählige Seiten und Angebote, die speziell für Kinder aufbereitete Informationen anbieten und Wissen vermitteln wollen. Dass dabei häufig Video- und Audioinhalte genutzt werden, ist selbstverständlich. Und kaum ein Nutzer wird sich dabei die Frage stellen, wie eine gehörlose Person mit einer solchen Art der Informationsvermittlung umgeht. Die Initiative “KOPF, HAND + FUSS” will einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen mit und ohne Behinderung sich besser verstehen, respektieren und unterstützen. Eines ihrer Projekte ist die Website “Gebärdengrips”, welche sich gezielt an gehörlose Kinder richtet und ihnen in Form von zahlreichen Videos, die in Gebärdensprache aufgenommen wurden, Wissen vermittelt. Das Projekt ist für den Grimme Online Award 2017 in der Kategorie “Wissen und Bildung” nominiert. Im Interview gibt die Gründerin von “KOPF, HAND + FUSS”, Stefanie Trzecinski, einige Einblicke in die Arbeit an dem Projekt.

Was steckt hinter dem Namen “Gebärdengrips” für das Projekt, und wie kam es zu diesem?

Es geht ja bei dem Projekt inhaltlich darum, dass wir Wissensvermittlung in Gebärdensprache machen. Grips ist ja ein anderer Begriff für Wissen, und das spiegelt es eigentlich sehr genau wider: nämlich Wissensvermittlung in Gebärdensprache, also das drückt eigentlich genau aus, worum es in bei dem Projekt geht. Wir machen ja alle Filme in Gebärdensprache, das ist unsere Hauptsprache. Alles Weitere – wir machen auch Einsprechen und Untertitelung – ist zusätzlich, aber an sich ist die Sprache Gebärdensprache.

Stefanie Trzecinski von "Gebärdengrips" bei der Bekanntgabe der Nominierungen zum Grimme Online Award 2017. Foto: Grimme-Institut / Arkadiusz Goniwiecha

Stefanie Trzecinski von “Gebärdengrips” bei der Bekanntgabe der Nominierungen zum Grimme Online Award 2017. Foto: Grimme-Institut / Arkadiusz Goniwiecha

Die Website Ihres Projektes ist in einem eher außergewöhnlichen Design gestaltet. Gab es spezielle Gründe dafür oder hat sich das einfach ergeben, um die Videos besser oder in einer anderen Form, als das sonst vielleicht der Fall wäre, zu vermitteln?

Wir finden schon, dass es ein besonderes Design haben soll, damit es ansprechend ist. Wir arbeiten mit einer Designerin zusammen, die das ganze Layout konzipiert hat. Und die Hand spiegelt eigentlich wider, was bei der Gebärdensprache wichtig ist. Die fünf Finger sind die fünf Themen, das ist der Gedanke dabei. Und man geht ja heutzutage beim Design mehr dahin, dass man mehr scrollt, anstatt immer auf viele Unterseiten zu verweisen. 

Wer ist die Haupt-Zielgruppe Ihres Projektes und wie kommen Sie auf die Ideen für die einzelnen Themen der Videos?

Gehörlose Kinder von sechs bis zwölf Jahren sind unsere Zielgruppe. Wir arbeiten viel mit gehörlosen Kindern; also wir fragen die Kinder, wir fragen Lehrer, wir fragen Eltern. Wir arbeiten auch mit dem Deutschen Gehörlosenbund zusammen und im Team sind viele Gehörlose involviert. Also ist das auch eine Erarbeitung innerhalb des Teams und mit den vielen verschiedenen Personen, mit denen wir zusammenarbeiten.

Glauben Sie, dass Ihre Videos und das Projekt dazu beitragen können, dass es eine verbesserte Kommunikation und ein besseres Verständnis von hörenden und gehörlosen Kindern gibt?

Wir haben eine sehr gute Resonanz auf das Projekt, sowohl von gehörlosen Kindern als auch von Hörenden. Was wir mitkriegen ist, dass sich auch Hörende die Videos anschauen und so einen Einblick bekommen in Gebärdensprache. Und was da geschieht, ist so ein bisschen ein Perspektivwechsel: Gebärdensprache als die reguläre Sprache. Und wenn jemand nicht Gebärdensprache spricht, dann braucht er eben das Einsprechen oder die Untertitel. Das ist schon mal etwas Anderes, weil sonst die Gehörlosen immer die Dolmetscher brauchen. Aber unser Hauptfokus war natürlich, dass die gehörlosen Kinder mit diesen Filmen, die wir machen, Anregungen bekommen, neue spannende Sachen erfahren. Unsere Zielgruppe sind eigentlich wirklich die gehörlosen Kinder. Und alles Weitere ist zusätzlich und das ist toll, aber eben auch zusätzlich.

Screenshot der Website "Gebärdengrips" mit Videothemen der Kategorie "Gebärdensprachpoesie"

Screenshot der Website “Gebärdengrips” mit Videothemen der Kategorie “Gebärdensprachpoesie”

Werden denn weiterhin Videos geplant, wird das Projekt fortgeführt oder bleibt es so bestehen wie es momentan ist?

Nein, es bleibt nicht nur bestehen, es wird permanent weitergeführt. Wir haben eine Unterstützung bekommen von “Ein Netz für Kinder”. Diese Unterstützung läuft demnächst aus, aber wir werden diese Plattform weiterhin nutzen, um viele weitere Filme zu drehen. Und wir wollen auch versuchen, dass diese Plattform von anderen Filmherstellern genutzt wird. Es soll eine Art erste Anlaufplattform für die gehörlosen Kinder werden, wenn sie Filme sehen wollen. 

Was bedeutet die Nominierung für den Grimme Online Award für Sie, für Ihre Arbeit an diesem Projekt und für das Projekt an sich?

Wir sind total stolz. Wir sind alle sehr froh darüber, weil es natürlich auch eine Auszeichnung ist, dass das Arbeiten zusammen mit gehörlosen Personen durch die Nominierung solche Aufmerksamkeit bekommen hat. Wir empfinden es auch als eine große Wertschätzung unserer Arbeit. Und unsere Hoffnung ist, dass durch die Nominierung innerhalb der Welt, die nicht gebärdensprachkompetent ist, eine Aufmerksamkeit entsteht für das Thema Gebärdensprache, für die Gebärdensprachgemeinschaft, für Gehörlose. Dass darüber aufgezeigt wird, dass es auch Personen gibt, die nicht hören und mit Lautsprache sprechen, sondern eine andere Kommunikationsform haben. Und dass das großartig ist. Die Menschen sollen neugierig werden, sich diese Seite anschauen und dann sehen: Ja, Gebärdensprache ist toll, das möchte ich auch lernen. Dann kommen wir dem Thema inklusiver Welt schon ein Stückchen näher.

Das Interview führte Katharina Prokop.

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Die Interviews mit den Nominierten und die Videos sind im Rahmen eines Medienpraxis-Seminars an der Universität zu Köln entstanden.


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