Welche Angebote haben Chancen auf einen Grimme Online Award? (Teil 2)

Veröffentlicht von Vera Lisakowski am

Die Nominierungskommission
Die Nominierungskommission
Die Nominierungskommission

Gestern hat die Nominierungskommission für den Grimme Online Award 2013 zum ersten Mal getagt. Eine Sitzung, in der am Beispiel einiger bereits eingereichter Websites verschiedene Kriterien durchdiskutiert werden, damit die Kommission eine gemeinsame Bewertungsgrundlage hat.

So einfach ist es nämlich nicht, die Qualität von Websites und Apps zu beurteilen und zu entscheiden, ob sie für einen Preis in Frage kommen oder nicht. Vor allem kann man keinen allgemeinen Kriterienkatalog aufstellen, der dann für alle Angebote gilt, sondern es muss für jedes Angebot einzeln beurteilt werden, wie wichtig bestimmte Aspekte sind.

In einem ersten Beitrag hatten wir bereits die Grundlagen des Status erläutert, hier gehen wir auf die Kriterien ein, die so explizit nicht im Statut stehen, aber genauso eine Rolle spielen.

Zeitpunkt

Um gleich an den vorangegangenen Beitrag anzuknüpfen: Den richtigen Zeitpunkt für eine Nominierung zu finden, ist nicht ganz einfach. Bei neuen Angeboten kommt es tatsächlich darauf an, wer es produziert. Bei großen Anbietern kann man davon ausgehen, dass die Erstellung eines neuen Angebotes ausreichend geplant und auch budgetiert wurde. Ein solches Angebot startet normalerweise schon mit vielen Inhalten und wird nicht schnell wieder eingestellt oder ist von vorneherein auf einen begrenzten Zeitraum ausgelegt. Anders ist das bei kleinen Anbietern oder bei Einzelpersonen: So starten zum Beispiel viele Blogs mit viel Elan und sehr regelmäßigen Beiträgen – oft ist es dann aber auch schon nach ein paar Wochen wieder vorbei. Deshalb wartet die Nominierungskommission bei solchen Angeboten lieber noch ein Jahr ab, ob derjenige auch durchhält.

Nicht selten geht es in der Diskussion heiß her

Während der Diskussion

Viele Websites allerdings werden alle Jahre wieder diskutiert, scheitern dann aber in der finalen Diskussion zur Nominierung. Irgendwann greift dann das Argument: “Warum jetzt?”, wenn sich an dem Angebot nicht viel geändert hat. Die gleiche Frage stellt sich bei qualitativ hochwertigen Angeboten, von denen die Nominierungskommission über Jahre hinweg nichts mitbekommen hat, weil es niemand eingereicht hat. Reicht es, dass es jetzt zum ersten Mal eingereicht wurde? Oder muss es neu sein? Sich zumindest verändert haben? Oder welches Argument kann es sonst geben, dass eine Website erst nach Jahren ausgezeichnet wird? Es kann sein, dass sich beispielsweise ein Weblog über die Jahre so etabliert hat, dass es zu einer verlässlichen “Marke” im Netz geworden ist, was die Qualität des Angebotes ausmacht.

Regelmäßig bloggen

Zukunft Mobilität - Preisträger 2012

Zukunft Mobilität – Preisträger 2012

Um sich zu etablieren und um für einen Grimme Online Award in Betracht zu kommen, ist gerade bei Blogs wichtig, dass sie regelmäßig gefüllt werden. Dabei kommt es aber sehr auf das Thema an, wie häufig regelmäßig ist. Jemand der ausführliche Hintergrundberichterstattung über Verkehrsthemen betreibt, muss nicht täglich, ja nicht mal wöchentlich schreiben. Jemand, der über Fußball schreibt, sollte das zumindest in der Saison schon. Und wer sich zum Beispiel ein bestimmtes politisches Thema herausgreift, sollte wenigstens immer dann etwas schreiben, wenn es die Agenda vorgibt. Wichtig ist auf jeden Fall, dass keine Lücken auftauchen, bei denen nicht klar ist, ob der Blogger noch weitermacht, oder nicht.

Einer von Vielen?

Am wichtigsten ist aber wohl für Blogs, Magazine, aber auch alle anderen Netzangebote, dass sie einzigartig sind. Es gibt hunderte von Kochblogs, von Seiten mit Wirtschaftsinformationen oder über Computerspiele. Ein potenziell auszuzeichnendes Angebot muss ein Alleinstellungsmerkmal haben, etwas was kein anderer so oder in dieser Qualität macht. Es reicht also auf keinen Fall, einfach nur Rezepte aufzuschreiben, Börsenkurse wiederzugeben oder kurze Spielberichte zu tippen. Es kann die intensive Hintergrundberichterstattung sein, bei der sich ein Einzelner in ein Thema verbeißt, es kann der besondere Blickwinkel sein, die einzigartige Aufbereitung oder auch das spezielle Thema. Nur das, was man ganz oft im Netz findet, ist bestimmt nicht herausragend.

Dies trifft insbesondere zu für die vielen Blogs mit Netzfundstücken, die sicher jedes für sich sehr unterhaltsam sind, in denen aber doch das immer Gleiche kursiert. Hier kommt noch hinzu, dass die Eigenleistung des Blogbetreibers recht gering ist – sammelt er doch nur fremde Inhalte und veröffentlicht sie. Das muss allerdings nicht heißen, dass das Kuratieren fremder Inhalte gar nicht erst diskutiert wird. Wenn jemand mit Akribie Texte, Links, Videos, Audios oder Bilder zu einem bestimmten Thema sammelt und diese in seiner eigenen Veröffentlichung einordnet, ist das durchaus eine ordentliche publizistische Leistung. Das kann sogar so weit gehen, dass ein Algorithmus, in dem Fall also das automatische Sammeln und Veröffentlichen von Inhalten nominiert wird. Das im Jahr 2007 nominierte Last.fm war so ein Fall, eine Musikdatenbank, die anhand der Vorlieben der Hörer eine individuelle Musiksammlung erstellt.

Nur im Netz, oder auch woanders?

Bildblog - Preisträger 2005

Bildblog – Preisträger 2005

Bei einem solchen Angebot ist klar, dass es webspezifisch ist. Woanders als im Internet, könnte das gar nicht funktionieren. Bei anderen Websites muss man sich fragen, ob es wirklich webspezifisch ist. Es gibt viele Specials, die so geschlossen sind, dass sie auch als CD ausgeliefert werden könnten. Hier wird nicht aktualisiert, keine Interaktion zugelassen. Auch für Blogs, die keine Kommentare zulassen, muss es wirklich gute Argumente geben. Das Bildblog – Preisträger 2005 – ist so ein Fall. Es gibt auf dem Blog selbst nicht die Möglichkeit zu kommentieren, das würde sicher ausufern, aber es gibt die Möglichkeit zur Interaktion, indem man der Redaktion Hinweise auf falsche Berichterstattung schickt. Bei Kinderangeboten kann es auch gute Argumente gegen Interaktion und sogar gegen Links nach außen geben, will man doch für Kinder einen geschützten Raum schaffen.

Preisträger Klaus Kauker mit der Sängerin Annett Louisan bei der Presiverleihung 2012 (Foto: Jens Becker)

Preisträger Klaus Kauker mit der Sängerin Annett Louisan bei der Presiverleihung 2012   (Foto: Jens Becker)

 Vor einem Problem steht die Nominierungskommission auch jedes Mal, wenn Formate anderer Medien ins Internet transportiert werden. Ist ein Video webspezifisch, nur weil es bei YouTube läuft? Könnte ein Webradio auch über Antenne empfangbar sein? Und ein Text – wieso nicht in einer Zeitschrift lesen? Übrigens gilt das genauso für Apps: Warum eine App produzieren, wenn ich die Inhalte über die Website genauso transportieren kann? Für den Grimme Online Award müssen sich die unterschiedlichen Formate gegeneinander beweisen – was die Beurteilung nicht unbedingt einfacher macht. Wichtig ist aber, dass der bespielte Kanal für die Inhalte, die vermittelt werden sollen, der geeignetste ist. Ein Zeichenkurs als Podcast ist sicher nicht geeignet, für einen Sprachkurs hingegen eignet sich das Format wunderbar.

Wer hat’s gemacht?

DRadio Wissen - Preisträger 2011

DRadio Wissen – Preisträger 2011

Genauso wie verschiedene Formate vergleicht die Nominierungskommission auch Angebote von völlig unterschiedlichen Anbietern. Da muss sich der Blogger gegen öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten behaupten. Die Nominierungskommission schreckt davor zunächst immer zurück, erstaunlicherweise kommen in den Nominierungen dann doch wieder alle gleichermaßen zum Zuge. Klar ist, dass eine Einzelperson nicht das gleiche leisten kann, wie ein großes Haus. Das weiß die Nominierungskommission auch und berücksichtigt es entsprechend, die Ansprüche an die verschiedenen Produzenten sind einfach anders. Die Inhalte müssen in beiden Fällen stimmen, das ist klar, aber der Einzelperson wird viel eher verziehen, wenn das Design nicht perfekt ist oder das Angebot nicht ganz so regelmäßig aktualisiert wird. Eben das, was mit geringeren Ressourcen nicht so leicht zu stemmen ist.

Was und wer hinter einer Website steckt, lässt sich übrigens viel leichter beurteilen, wenn es einen Text gibt, der prägnant erläutert, worum es eigentlich geht. Das geht allerdings nicht nur der Nominierungskommission so, sondern jedem anderen Nutzer auch: Eine Website, die sich nicht vermittelt, wird der Nutzer recht bald wieder verlassen.

Sie kennen Internetangebote oder Apps, die der Nominierungskommission gefallen könnten? Vorschlagen können Sie sie über ein Formular auf unserer Website.


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