“Bist du bereit für deine News?“

Veröffentlicht von Britta Stapelbroek am

Screenshot: Resi stellt sich vor
Screenshot: Resi stellt sich vor
Screenshot: Resi stellt sich vor und bringt uns mit den GIFs zum schmunzeln

“Leg los, Resi!“ – Resi ist eine Nachrichten-App, die von Martin Hoffmann, Moritz Klack und Christopher Möller entwickelt wurde. Sie informiert über das aktuelle Weltgeschehen im hübsch verpackten Chat-Format inklusive Emojis und GIFs. Die Beiträge werden zunächst in Kurzform angekündigt, sodass jeder selbst entscheiden kann, wieviel er über das Thema lesen möchte. Jeder Beitrag wird am Ende mit einem Link abgerundet, der zu einem ausführlichen Artikel weiterleitet. Ist ein Thema besonders interessant, kann man das Resi mitteilen, sie erinnert sich dann daran und schickt häufiger personalisierte Push-Nachrichten. Resi lernt also mit jeder Interaktion des Users dazu. “Conversational Journalism“ nennt sich diese Form der Nachrichtenvermittlung – also Journalismus als Gespräch. Für den Grimme Online Award 2017 wurde Resi in der Kategorie “Spezial“ nachnominiert. Im folgenden Interview spricht Martin Hoffmann über die Entstehung und die Zukunft von Resi.

Ist Resi die Nachrichten-App, die uns allen gefehlt hat?

Ich glaube nicht, dass Resi eine Nachrichten-App für jeden ist. Es wäre , glaube ich, ein bisschen zu vermessen zu sagen: Wir haben ein Produkt, das für alle Menschen auf dieser Welt gleich gut geeignet ist. Ich glaube aber, dass Resi eine App ist, die sich sehr gut für eine bestimmte Zielgruppe eignet. Und das ist eine Zielgruppe, die tendenziell etwas jünger ist und die keinen Zugang zu klassischen Nachrichtenformaten findet. Für diese Zielgruppe ist das Angebot in der Medienlandschaft sehr überschaubar. Wenn man sich die Medien anschaut, die Nachrichten machen, dann richtet sich die Darstellungsform an Menschen, die regelmäßig Nachrichten schauen oder lesen, mehr Hintergrundwissen haben und die auch teilweise schon ein bisschen älter sind. Unser Team sagt dazu explizit: “Nein! Wir wollen es anders machen!“. Wir haben uns eben eine neue Darstellungsform ausgedacht.

Wie kamt ihr auf die Idee, Nachrichten im Chat-Format zu verpacken?

Die Idee entstand im Sommer 2015, als ich noch bei der “Welt“ gearbeitet habe, und eigentlich bestand sie aus zwei Grundideen. Ich habe mich damals schon sehr stark mit Community-Management beschäftigt und habe gesehen, dass man mit einer bestimmten Tonalität sehr viele Leute erreichen kann, die man sonst vielleicht nicht erreichen würde. Das war die eine Erkenntnis. Die zweite Erkenntnis war, dass sich draußen etwas tut. Dass die Menschen immer mehr Zeit mit dem Messaging verbringen und dass sich daraus natürlich die Frage ergibt: Was bedeutet das für den Journalismus? Wenn die Leute ihre Zeit in WhatsApp, im Facebook Messenger oder Snapchat verbringen, dann gehen sie in genau dieser Zeit nicht mehr auf die Angebote von klassischen Publishern. Und dann ist mir eines Tages eine Fitness-App namens “Lark“ untergekommen. Die macht im Prinzip das, was Resi heute macht, nur hilft die App dabei, gesünder zu leben. Man schreibt sich dort mit Lark und er checkt dann, wieviel oder was man am Tag  gegessen hat, wie viel man sich bewegt hat, wieviel man geschlafen hat, und gibt basierend darauf Empfehlungen für ein gesünderes Leben. Daraus abgeleitet kam dann die Idee. Wie wäre es, wenn man sich dieses Prinzip nimmt und es für den Journalismus adaptiert? Da war die Idee geboren.

Ist Resi ein Social Bot?

Nein, das würde ich nicht sagen. Der Begriff ist zum einen sehr negativ konnotiert, deshalb würde ich ihn ungern verwenden und zweitens ist ein Social Bot eher ein Chatbot, der sich innerhalb eines sozialen Netzwerkes aufhält, also zum Beispiel auf Twitter oder Facebook, und so tut, als ob er ein echter Mensch ist und versucht andere Menschen hinters Licht zu führen. Es soll zum Beispiel suggeriert werden, dass eine bestimmte These oder eine bestimmte Meinung sehr viele Anhänger hat. Das wird beispielsweise durch eine Art Bot-Armee gemacht, wo sich ganz viele dieser Social Bots zusammentun und sich gegenseitig retweeten. Dadurch wirkt es dann so, als ob eine große Zahl an Menschen dahintersteht, was aber gar nicht der Fall ist. Und so eine Art Bot ist Resi ja nicht, deshalb wäre der Begriff eher unpassend.

Wie genau arbeitet ihr? Oder sucht Resi selbstständig nach Nachrichten?

Martin Hofmann, Mitgründer von der Resi-App. Foto: Dietz Schwiesau

Martin Hoffmann, Interviewpartner und Mitgründer von der Resi-App. Foto: Dietz Schwiesau

Resi ist keine künstliche Intelligenz, vielmehr stehen dahinter echte Menschen. Wir sind eine kleine Redaktion, die von mir geleitet wird und gemeinsam schauen wir den ganzen Tag, vor allem zunächst über Twitter, was da draußen passiert und was in der Welt los ist. Und dann bereiten wir es passend auf. Dafür haben wir ein eigenes Content Management System entwickelt, mit dessen Hilfe wir relativ simpel die Nachrichten in Resi-Form bringen können. Eigentlich ist das ganz klassische journalistische Arbeit, nur dass wir eben keine Artikel zu Themen schreiben, sondern wir uns in diesem dialogischen Umfeld bewegen. Wir stehen vor den gleichen Herausforderungen wie andere Onlinejournalisten auch: Wie verifiziert man Informationen? Wie recherchiert man schnell und genau? Und wie findet man Themen? Einer der wichtigsten Unterschiede zu den anderen Journalisten ist das Produkt, was bei uns am Ende rauskommt. Da es von der Aufbereitung her anders ist als zum Beispiel ein normaler Bericht, wie man ihn bei Spiegel Online  oder auf Süddeutsche.de findet.

Besteht nicht die Gefahr, sehr ernste Themen durch die Emojis und GIFs zu “verharmlosen“?

Der Großteil unserer Nutzer ist unter 34 Jahre alt, also sehr jung. Und da ist die Wahrnehmung natürlich ein bisschen anders als zum Beispiel bei älteren Menschen. Wenn Kritik in Bezug auf die Emojis und GIFs kommt, dann meistens von älteren Leuten, die damit nicht groß geworden sind. Die vielleicht den Zusammenhang nicht verstehen, warum da auf einmal ein GIF aus einer US-Serie zu sehen ist. Da fehlt einfach der Bezug. Aber die Kritik hält sich auch sehr stark in Grenzen und wir haben ja mittlerweile in der App die Funktion, dass man die GIFs ausstellen kann. Das machen auch ein paar Leute, sie nutzen die App dann ohne sie – das geht auch. Aber der überwiegende Teil nutzt sie mit GIFs. Dazu erhalten wir auch viel positives Feedback per E-Mail oder in den sozialen Netzwerken.

Wie du schon gesagt hast, ist die App besonders für junge Leute gedacht, denen klassische Nachrichtenformate nicht zusagen. Wie könnt ihr überprüfen, ob auch wirklich junge Leute diese App nutzen?

Das funktioniert zum einen über das Feedback, das wir über Social Media, per Mail oder in den App-Store-Bewertungen bekommen. Aber wir haben natürlich auch Analytics-Systeme in der App, die uns zeigen, was der User mit der App so macht, wieviel Zeit er in der App verbringt, wie oft am Tag er wiederkommt. Die klassischen Sachen, die man im Online Journalismus misst, messen wir natürlich auch.

In welche Richtung wird sich Resi noch entwickeln?

Screenshot: Resi schickt im Chat-Format Nachrichten zu

Screenshot: Resi gibt einen schnellen Überblick über aktuelle Geschehnisse

Also ich habe schon vor, dass da noch ein bisschen was kommt, dass die App nicht auf dem Stand von jetzt bleibt. Im Moment kümmern wir uns sehr stark um die Plattform Android. Das heißt, wir haben eine Web-App gebaut, dass die Leute nun auf Android-Handys Resi nutzen können. Außerdem wird die App permanent weiterentwickelt, wir bauen neue Features ein und versuchen einfach zu wachsen. Meine Idee ist schon, dafür zu sorgen, dass wir die Community noch stärker an die Marke binden. Dass wir es schaffen, dass die Leute Resi als etwas Besonderes wahrnehmen, als etwas Einzigartiges, und sich selbst auch als Teil einer Community sehen. Das ist das, was ich mir für die nächsten ein bis zwei Jahre vorgenommen habe. Wir werden verschiedene Dinge machen, sowohl auf Produktseite als auch auf journalistischer Seite.

Das klingt so, als würde sich das Team dann auch vergrößern müssen.

Ja, genau. Für all diese Entwicklungen benötigt es erst einmal Geld. Das ist das A und O, also müssen wir auch schauen, wie wir irgendwann mal damit Geld verdienen. Und das soll dann natürlich wieder quersubventionieren, was wir auf der journalistischen Seite machen. Damit wir da auch weiter wachsen können, unsere Produktentwicklung weiter ausbauen können, damit wir die Redaktion verstärken und damit wir neue Features entwickeln können.

Dann ist ja so eine Nachnominierung etwas sehr Positives für euch?

Genau, es gibt mit Sicherheit Schlechteres! Jede Form von Aufmerksamkeit hilft natürlich immer irgendwie dabei, neue Nutzer zu kriegen. Zumal das bei uns so ist, dass wir bis jetzt noch keinen einzigen Cent in Werbung investiert haben, sondern rein organisch gewachsen sind. Und wir haben einen extrem hohen “Weitersageeffekt”. Die Leute zeigen sich die App und dadurch bekommen wir von jedem neuen Nutzer weitere neue Nutzer dazu. Und das sorgt letztendlich für das Wachstum. Wenn die Leute jetzt durch die Nominierung beziehungsweise Nachnominierung auf die App aufmerksam werden, dann hilft uns das, weil wir eben nicht nur eine Person dadurch erreichen, sondern immer gleich mehrere.

Das Interview führte Christina Pagés.


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