#SCDay16: Ein Tag über Soziales Engagement im Netz

Veröffentlicht von Vera Lisakowski am

Die Macher von "Straßengezwitscher" mit Preispatin Anja Reschke (l.) bei der Preisverleihung zum Grimme Online Award 2016. Foto: Grimme-Institut/Arkadiusz Goniwiecha
Die Macher von "Straßengezwitscher" mit Preispatin Anja Reschke (l.) bei der Preisverleihung zum Grimme Online Award 2016. Foto: Grimme-Institut/Arkadiusz Goniwiecha
Die Macher von “Straßengezwitscher” mit Preispatin Anja Reschke (l.) bei der Preisverleihung zum Grimme Online Award 2016. Foto: Grimme-Institut/Arkadiusz Goniwiecha

“Es kann nicht sein, dass man in einer Gesellschaft, in der wir leben, die Menschenwürde mit Füßen treten kann und niemand schaut hin”, begründete Johannes Filous vom Twitter-Account “Straßengezwitscher” bei der Preisverleihung zum Grimme Online Award 2016 sein Engagement gegen Rechts. “Straßengezwitscher” berichtet seit mehr als einem Jahr von rechten Demonstrationen und ausländerfeindlichen Aktivitäten in Dresden, Chemnitz und Leipzig. Für diese sachliche und kontinuierliche Vor-Ort-Berichterstattung, die auch Journalisten als Quelle dient, erhielten die Initiatoren Johannes Filous und Alexej Hock dieses Jahr einen Grimme Online Award in der Kategorie Information. Die beiden sind zu Gast beim Social Community Day am 26. Oktober im Kölner KOMED, wo sie in der Diskussionsrunde “Soziales Engagement mit sozialen Medien” berichten werden, wie sie arbeiten und wie die Reaktionen auf diese Tätigkeit sind. Die von Daniel Fiene moderierte Tages-Veranstaltung mit zwei Panels und vier Workshops ist öffentlich und kostenlos – anmelden kann man sich hier.

Karolin Schwarz und Lutz Helm von der "Hoaxmap" bei der Preisverleihung zum Grimme Online Award 2016. Foto: Grimme-Institut/Arkadiusz Goniwiecha

Karolin Schwarz und Lutz Helm von der “Hoaxmap” bei der Preisverleihung zum Grimme Online Award 2016. Foto: Grimme-Institut/Arkadiusz Goniwiecha

Mit den beiden “Straßenzwitscherern” auf dem Podium sitzen weitere Nominierte des Grimme Online Award 2016. Johannes Kram schreibt in seinem “Nollendorfblog” über schwule Themen, tritt meinungsstark für Geschlechtergerechtigkeit ein und ist seit kurzem Kolumnist beim Bildblog. “Ich versuche, diese ganzen Homo-Hasser, die es da draußen gibt, zu entlarven und zu zeigen, mit welchen Nicht-Argumenten sie argumentieren”, formuliert er provokant über das “Nollendorfblog” – und muss sich auch auf Facebook und Twitter harten, aber oft sachlich geführten Argumentationen zum Thema stellen. Sachliche Argumente versucht auch Karolin Schwarz mit der “Hoaxmap” beizubringen. In einer Karte werden hier Gerüchte und Falschmeldungen über Flüchtlinge verortet, die oft in Sozialen Medien unkontrolliert weitergetragen – und geglaubt – werden. Hier werden sie direkt mit der Richtigstellung verlinkt. “Wir wollten den Menschen ein Werkzeug geben, das sie informiert und ein bisschen auch hilft, Soziale Medien zu hinterfragen –eben nicht alles zu glauben”, erzählt Karolin Schwarz über ihre Intention hinter der “Hoaxmap”.

Eine interaktive Karte ist auch eine der Anwendungen, die die “Sozialhelden” entwickelt haben. Der Verein setzt sich für Menschen mit Behinderung ein – auf innovative Weise: Die “Wheelmap”, auf der rollstuhlgerechte Orte verzeichnet sind,  ist ihre wohl bekannteste Entwicklung, sie informieren mit dem Portal “Leidmedien” aber auch über gute Berichterstattung über Menschen mit Behinderung und haben gerade die Fotodatenbank “Gesellschaftsbilder” gegründet. Für die fotografiert ins besondere auch der Pressesprecher der Sozialhelden, Andi Weiland. Beim Social Community Day wird er erzählen, warum ausgerechnet das Internet das Mittel der Wahl für die “Sozialhelden” ist.

Information als Basis für gesellschaftliches Engagement

Sandra Müller und Katharina Thoms (v.l.) von "Jeder Sechste ein Flüchtling" bei der Preisverleihung zum Grimme Online Award 2015. Foto: Grimme-Institut/Georg Jorczyk

Sandra Müller und Katharina Thoms (v.l.) von “Jeder Sechste ein Flüchtling” bei der Preisverleihung zum Grimme Online Award 2015. Foto: Grimme-Institut/Georg Jorczyk

Während auf dem ersten Panel über sehr konkrete, situationsgebundene Anwendungen gesprochen wird, geht es auf dem zweiten Panel eher um die “Langstrecke”. Das beste Beispiel hierfür sind Sandra Müller und Katharina Thoms, nominiert für den Grimme Online Award 2015 für ihre Multimediareportage “Jeder Sechste ein Flüchtling”, in der sie seit zwei Jahren aus dem Ort Meßstetten berichten. Dort wurde eine Kaserne zu einer Flüchtlingsunterkunft umgebaut und die beiden SWR-Journalistinnen waren schon bei der ersten Bürgerversammlung dabei – bei der die Stimmung überraschend positiv war. “Uns hat das beeindruckt. Noch an diesem Abend war für uns klar: Das wollen wir weiter begleiten. Wir wollen sehen, ob und wie Meßstetten das durchhält.”, erzählt Sandra Müller. Es war nicht immer einfach für die Meßstettener und die beiden Journalistinnen sind zwei Jahre drangeblieben an dem Thema – medienübergreifend übrigens, was ihnen gerade noch einen Nominierung für den Deutschen Radiopreis eingebracht hat.

Schwierige Themen sind die Spezialität von “Correctiv”, dem stiftungsfinanzierten Recherchekollektiv. 2015 erhielten sie einen Grimme Online Award für ihre Recherche über den Absturz der MH17 über der Ukraine. Sie prüfen aber auch Gehälter von Sparkassenvorständen, recherchieren zu Krankenhauskeimen oder zum Suchergebnis-Ranking bei HRS. Correctiv lebt die Idee von Journalismus als vierter Gewalt unter dem Titel “Recherchen für die Gesellschaft”. Und sie veröffentlichen ihre Arbeiten stets so, dass jeder sie komplett nachverfolgen– oder sie als Grundlage für eigene Weiterarbeit nutzen kann. Reporter Jonathan Sachse wird beim Social Community Day über die Arbeit und das Selbstverständnis von “Correctiv” berichten.

Auch beim Podcast “Technische Aufklärung”, nominiert für einen Grimme Online Award 2016, wird ein Thema bis ins Detail verfolgt: Jonas Schönfelder und Felix Betzin berichten aus dem Geheimdienst-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages. Die beiden sind immer vor Ort und fassen zusammen, was sie gehört haben. Sie ordnen es ein oder laden andere Experten ein, dies mit ihnen zu tun. “Dabei ist uns wichtig, neben den Fakten auch die Stimmung, welche im Saal geherrscht hat, wiederzugeben. Denn dazu eignet sich das Audioformat besonders gut”, erzählt Jonas Schönfelder. Es ist nicht einfach, die Zusammenhänge beim Geheimdienst-Untersuchungsausschuss zu verstehen. Aber “Technische Aufklärung” stellt jedem, der sich damit auseinandersetzen möchte, alle notwendigen Informationen zur Verfügung.

Das Team von "BrainFed" mit Preispatin Jeannine Michaelsen (l.) bei der Preisverleihung zum Grimme Online Award 2016. Foto: Grimme-Institut/Arkadiusz Goniwiecha

Das Team von “BrainFed” mit Preispatin Jeannine Michaelsen (l.) bei der Preisverleihung zum Grimme Online Award 2016. Foto: Grimme-Institut/Arkadiusz Goniwiecha

Mit nicht  so komplizierten, aber ebenso relevanten Themen beschäftigt sich “BrainFed” des YouTubers Darkviktory. Vor allem aber beschäftigt es sich mit der Vermittlung an eine Zielgruppe, die mit relevanten Inhalten nur schwer zu erreichen ist. Das Format wird finanziert von der Bundeszentrale für politische Bildung und produziert vom Mesh Collective der UFA. Julia Althoff vom Mesh Collective wird erzählen, wie es zu der Zusammenarbeit kam  und ob die Zielgruppe tatsächlich erreicht wird. Das Publikum wird auf jeden Fall erreicht – hat es doch bestimmt, dass “BrainFed” den Publikumspreis zum Grimme Online Award 2016 erhält.

Viel Stoff – und das nur am Vormittag in zwei Panels. Am Nachmittag gibt es beim Social Community Day traditionell Workshops, die zum Teil auch von Nominierten und Preisträgern des Grimme Online Award geleitet werden. Die Themen der Workshops sind Twittern, Podcasten, Datenvisualisierung und die Verifizierung von Bewegtbild.


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